Avignon – Marseille

Aus Avignon heraus habe ich es ganz gut gefunden, man ist relativ schnell wieder auf dem Rhoneradweg. Nachdem ich die Rhone verlassen hatte, fuhr ich auf einem angenehmen Weg für mindestens 15 km weiter. Plötzlich befand ich mich an einem Kreisverkehr in extremer Hitze und stand vor der Entscheidung, ob ich die Autobahn nehmen sollte (allerdings nicht vergleichbar mit den Autobahnen in Norwegen oder Italien, auf denen ich zuvor gefahren war) oder wieder alles zurück. Das Land ist hier stark durch Wasserflächen zerklüftet und es gibt nicht mehr allzu viele Straßen.

Die Straße in meiner Planung und auch noch auf Google zu sehen, gehört jetzt zu einem Werk. Hier müssen sogar die Mitarbeiter Sicherheitsschleusen passieren müssen, um mit ihren Autos hineinzufahren.

In meiner Verzweiflung näherte ich mich zwei Sprintern, die am Straßenrand standen. Dort hatten sich zwei Fahrbahnmarkierer zum Mittagessen getroffen und genossen ein Bier und einen Joint. Als ich ihnen mit Hand und Fuß und meinem Handy erklärte, dass ich in einer schwierigen Situation stecke, reagierte einer von ihnen sofort und sagte: „Leg dein Fahrrad hinten rein, ich bringe dich in den Ort.“

Die Mittagspause der beiden Markierer wurde unterbrochen, als der freundliche Herr mich mit seinem Bier zwischen seinen Beinen und dem Joint im Mund zu meinem ursprünglichen Ziel fuhr. Obwohl es nur 3 km Luftlinie entfernt war, dauerte es etwa 15 Minuten, bis wir ankamen, da auch die Autobahn nicht direkt dorthin führte. Ich war ihm unendlich dankbar für seine Hilfe und Unterstützung. Während der Fahrt öffnete er seine Kühlbox in der sich 10 kleine Heineken-Biere mit Eiswürfeln zum Kühlen befanden. Er bot mir natürlich eins an, aber ich war wegen der gesamten Situation so unter Adrenalin, dass ich keinen Alkohol benötigte und höflich, aber dankend ablehnte. 

Nachdem ich meine Reise fortgesetzt hatte, entdeckte ich auf meinem Weg eine große Menge Flamingos, die eine weitere interessante Begegnung darstellten. Der Naturschutzpark, den ich durchquerte, war wundervoll. Doch als ich den Berg nach Marseille hinein erreichte, tauchten nach den ersten 50 Höhenmetern riesige Schilder auf, auf denen „Privatstraße“ stand. Den Rest konnte ich nicht verstehen, aber der rote Kreis mit dem weißen Balken war mir aus Deutschland bekannt. Es gibt nur ein Tunnel für Autos und Züge.

Ich suchte Schatten auf und beobachtete die Autos, die alle paar Minuten mal vorbeikamen. Ich analysierte die Fahrer und ihre Absichten. Schließlich entschied ich, es einfach zu wagen. Zum Glück stellte sich heraus, dass es zwar ein Privatweg wegen des Abbaus war, aber offenbar niemand darüber besorgt war, dass ich dort durchfuhr. So konnte ich schließlich entspannt nach Marseille radeln.

Nachdem ich am Hafen von Marseille war, machte ich ein Erinnerungsfoto und fuhr zum Bahnhof, wo der Nachtzug fahren sollte. Doch nach 6 km bergauf angekommen, stellte ich enttäuscht fest, dass es dort keine Schalter gab, sondern nur Automaten. Also machte ich mich frustriert wieder auf den Rückweg zum Bahnhof St. Charles. Dort angekommen, musste ich mich in eine lange Schlange einreihen und ganze 1,5 Stunden warten, teilweise mit meinem unbeaufsichtigten Fahrrad draußen vor der Counterhalle.

Als ich endlich an der Reihe war, erfuhr ich, dass es in den nächsten 2-3 Tagen keinen Zug in Richtung Frankfurt mit ausreichender Kapazität für mein Fahrrad gibt. Die Aussicht auf eine Heimreise wurde somit immer schwieriger und enttäuschender.

In diesem Moment dachte ich, ich kippe vor Ort um. Ich war diesbezüglich zu blauäugig. Als ich mich dann wieder gesammelt hatte bin ich zu den Flixbussen, natürlich alles Online und keine Beratung. Dabei habe ich das alles noch nie gemacht. Also App geladen und siehe da, es geht dauernd irgendein Bus Richtung Frankfurt, leider nehmen nicht alle Räder mit. Also auch hier einen gebucht der um 23:00 Uhr abfährt und 24 Stunden gefahren wäre. Als dann noch einer um 21:00 Uhr kam, der nach Straßburg gefahren ist habe ich spontan den Fahrer gefragt. Schnell die Räder entnommen und den letzten Sitzplatz gebucht. Gab dann noch mit der Zahlung Probleme, aber zwei Minuten vor Abfahrt hat es dann doch noch geklappt. 

Der heutige Tag war zweifellos ein Abenteuer, das ich so nicht allzu oft erleben möchte. Von Anfang an war klar, dass diese Reise ihre eigenen Pläne hatte und ich musste lernen, mich den unerwarteten Herausforderungen zu stellen. Jetzt bin ich aber froh, wenn ich wieder Zuhause bin.

06 I Tour I 07

GPS Track: Strava / Komoot

06 I Tour I 07


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